Publicatie Auswirkungen einer Exposition gegenüber hochfrequenten elektromagnetischen Feldern (HF-EMF) auf die männliche Fruchtbarkeit: eine systematische Rezension der experimentellen Studien bei nichtmenschlichen Säugetieren und menschlichem Sperma in vitro

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Publicatie - Gezondheid

Bron via Environment Int.

Cordelli E, Ardoino L, Benassi B, et al.

Diese Arbeit ist Teil des großen Projektes der Weltgesundheitsorganisation (WHO) für die systematische Untersuchung der Ergebnisse von Studien nach einem möglichen Zusammenhang zwischen Exposition gegenüber hochfrequenten elektromagnetischen Feldern (HF-EMF) und gesundheitsschädlichen Folgen.

In dieser Studie führten die Forscher eine systematische Rezension der experimentellen Studien über die Auswirkungen der Exposition gegenüber HF-EMF auf die Fertilität männlicher Tiere, die während ihres Lebens exponiert wurden, und auf in vitro (nach der Entnahme, Exposition im Labor) exponiertes menschliches Sperma durch.

Um die für ihre Rezension relevanten Studien zu ermitteln, haben die Forscher spezifische Suchkriterien festgelegt in Bezug auf:

  • Die Art des Artikels: Originalstudie, das heißt, dass es sich bei den Artikeln um eine einzige Studie als Ganzes handelt und einem Peer Review unterzogen wird, was bedeutet, dass andere Wissenschaftler kritisieren. Diese kritische Rezension ermöglicht es, die Qualität und Gültigkeit der Ergebnisse vor der Veröffentlichung zu bewerten;
  • Die Art der Forschung: experimentelle Studie, deren Bedingungen von den Forschern überprüft wurden;
  • Die untersuchte Population: Männliche Säugetiere (ausgenommen Menschen), die während ihres Lebens exponiert wurden, und menschliche Spermien, die in vitro exponiert wurden;
  • Die Vergleichsgrundlage: Die Tiere und menschlichen Spermamuster mussten mit einer nichtexponierten Gruppe, einer „Schein-Expositions-Gruppe“, verglichen werden. Diese Scheinsituation erfordert, dass die nichtexponierten Tiere unter dieselben Bedingungen wie die exponierten Tiere, jedoch ohne tatsächliche Exposition gestellt werden (die Tiere werden beispielsweise unter denselben Bedingungen in denselben Käfig gestellt, aber mit dem Expositionssystem ausgeschaltet). Dies sorgt dafür, dass ein etwaiger Unterschied zwischen den zwei Gruppen der Exposition und nicht einem anderen Parameter innerhalb der Testumgebung, der zwischen den zwei Gruppen unterschiedlich wäre, zuzuschreiben ist.
  • Die Art der Exposition: HF-EMF über den gesamten Frequenzbereich und alle Expositionsstufen;
  • Die Art der gemessenen Parameter: bei den Tieren: Fertilität, Spermienqualität und Toxizität für die Fortpflanzungsorgane, Hormonspiegel (Testosteron); bei den Menschen: Spermienqualität.

Die Auswahl der Studien erfolgte in mehreren Phasen. Zunächst wurden die Studien in verschiedenen Datenbanken identifiziert, und dann lasen zwei Forscher unabhängig voneinander die Titel und Zusammenfassungen dieser Studien, um diejenigen zu entfernen, die die definierten Suchkriterien nicht erfüllten oder mehrmals auftraten. Bei Meinungsverschiedenheiten zwischen den beiden Forschern wurden die Studien für die Endphase, d. h. für die vollständige Lektüre der Texte, beibehalten. Dieser Schritt wurde auch von zwei Forschern unabhängig durchgeführt. Waren die beiden Forscher beim Lesen der Texte anderer Meinung, ob eine Studie die Suchkriterien erfüllte, so prüfte ein dritter Forscher die problematische Studie und entschied, ob sie in die Rezension einbezogen werden sollte oder nicht. Dieser Prozess der Auswahl der Studien ist eine Qualitätssicherung, die es ermöglicht, vollständig und objektiv zu sein und alle bestehenden Studien zu einem Thema zu umfassen. Es sei darauf hingewiesen, dass dieses Auswahlverfahren nicht auf den Ergebnissen beruht, sondern auf der Qualität des Versuches.

Die Forscher extrahierten dann die Ergebnisse aus den Studien und analysierten sie in Metaanalysen. Eine Metaanalyse ermöglicht die Gruppierung und Analyse der Ergebnisse aus verschiedenen Studien, um solide Schlussfolgerungen zu ziehen. Viele Studien schließen ja eine kleine Anzahl von Tieren ein, was die Solidität der Schlussfolgerungen einschränkt. Durch die Bündelung der Ergebnisse kann das Vertrauen in die gewonnenen Daten erhöht werden.

Ein weiterer wichtiger Teil der Arbeit der Forscher war die Bewertung des Konfidenzniveaus, das den Studienergebnissen zugeschrieben wurde. Zunächst bewerteten die Forscher das Risiko der Verzerrung (RoB - „Risk of Bias“) mit einem vorhandenen Bewertungsinstrument. Verzerrungen (Bias) sind systematische Fehler, die die Ergebnisse einer Studie beeinflussen, sowohl positiv (z. B. erhöht die Wirkung) als auch negativ (z. B. verringert die Wirkung). Daher ist es wichtig, dies bei der Bewertung einer Studie zu berücksichtigen. Bei der Beurteilung des RoB berücksichtigten die Forscher wichtige Qualitätskriterien wie die Randomisierung (ein Verfahren, bei dem die Tiere nach dem Zufallsprinzip der exponierten und der nichtexponierten Gruppe zugeordnet werden können, wodurch eine vorherige Auswahl vermieden wird), die Charakterisierung der Exposition (damit soll sichergestellt werden, dass alle Tiere den festgelegten EMF-Werten auf die gleiche Weise ausgesetzt sind), die Versuche blind durchführen usw. „Blind“ bedeutet, dass die Forscher nicht wissen, welche Tiere HF-EMF ausgesetzt wurden oder nicht, so dass eine Beeinträchtigung der Ergebnisse, auch unbeabsichtigt, vermieden wird. Sie haben auch die Temperaturmessung in den Studien berücksichtigt. Diese Messung ist ein wichtiger Parameter, um mögliche Auswirkungen im Zusammenhang mit einem Temperaturanstieg auszuschließen. Wie bei der Auswahl der Studien wurde das Risiko einer Verzerrung unabhängig von zwei Forschern mit Intervention eines dritten Forschers im Falle von Meinungsverschiedenheiten bewertet. Auf der Grundlage dieser Bewertung (RoB) und anderer Kriterien (z. B. Inkonsistenzen, Ungenauigkeiten) gaben die Forscher den Studienergebnissen ein Konfidenzniveau zu: hoch, mäßig, niedrig und sehr niedrig.

Insgesamt wurden 117 Studien mit Bezug auf im Labor exponierte Tieren und 10 in-vitro-Expositionsstudien mit humanem Sperma in die Rezension einbezogen. Die untersuchten Tiere waren hauptsächlich Ratten (76), aber auch Mäuse (38) und andere Arten (3). Die meisten Tiere wurden als Erwachsene exponiert, einige wurden vor der Geburt und andere vor der Pubertät exponiert. Die getesteten Frequenzen lagen in der Regel zwischen 100 MHz und 10 GHz.

Die Ergebnisse der Metaanalysen der experimentellen Studien an den Tieren zeigten keinen Einfluss auf die Anteile steriler Männchen und Wurfgrößen mit einem sehr niedrigen bzw. mäßigen Konfidenzniveau. Eine Abnahme der Schwangerschaftsrate und der Spermienzahl wurde jedoch mit mäßigem bzw. niedrigem Konfidenzniveau beobachtet. Die anderen untersuchten Parameter (z. B. Spermienstruktur, Testosteronspiegel usw.) wiesen auf schädliche Wirkungen hin, jedoch mit einem Konfidenzniveau, das als sehr niedrig eingestuft wurde. In Bezug auf die Studien an Menschen deuten die Ergebnisse auf eine leichte schädliche Wirkung auf die Vitalität der Spermien hin, wobei das Konfidenzniveau als sehr niedrig erachtet wird. Die Vitalität der Spermien bezieht sich auf den Prozentsatz beweglicher Spermien im Vergleich zu toten und/oder bewegungslosen Spermien. Ein Anstieg des Prozentsatzes bewegungsloser oder toter Spermien weist auf eine verminderte Vitalität hin, was zu Fruchtbarkeitsproblemen führen kann. Auch bei einem sehr niedrigen Konfidenzniveau wurden keine Änderungen der DNA/des Chromatins gefunden. Die DNA enthält die genetische Information, die die richtige Entwicklung und Funktion unseres Körpers ermöglicht. Im Zellkern tritt die DNA in einer komprimierten Form auf, die Chromatin genannt wird.

Die Unsicherheit des Konfidenzniveaus, das den Ergebnissen zugeschrieben wird, ist auf mehrere Faktoren zurückzuführen. Die Forscher erwähnen die Variabilität der Studienprotokolle mit sehr unterschiedlichen Lebensperioden, Niveaus und Expositionsdauer. Sie bedauern auch, dass die Experimente nicht blind durchgeführt wurden. Problematisch war auch die Charakterisierung der Exposition und der Dosis der empfangenen HF-EMF. Darüber hinaus basieren die Ergebnisse der In-vitro-Studien mit humanen Spermien auf einer kleinen Anzahl von Studien.

Auf der Grundlage ihrer Beobachtungen, einschließlich der Tatsache, dass die Beweiskraft bestenfalls mäßig, wenn nicht gar niedrig oder sehr niedrig ist, empfehlen die Forscher, die Qualität der künftigen Arbeit zu verbessern, um verlässliche Schlussfolgerungen zu ziehen. Sie empfehlen auch populationsbasierte Studien anstelle von Studien zur In-vitro-Exposition der Spermien. Schließlich ist es von entscheidender Bedeutung, dass Studien berücksichtigt werden, deren Expositionsbedingungen der Realität nahe kommen.

Diese Studie ist von guter Qualität und stellt die aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisse über die experimentellen Studien zu den Auswirkungen der HF-EMF-Exposition auf die Fertilität männlicher Tiere, die während ihres Lebens exponiert wurden, und auf menschlichen Samen, der in vitro exponiert wurde, dar. Wir stellen jedoch fest, dass die Forscher Studien aus den 70er und 80er Jahren aufgenommen haben, in denen die hohen oder extrem hohen Expositionsniveaus nicht repräsentativ für die reale Exposition sind. Dies könnte die in der Studie beobachteten Wirkungen beeinflussen. Diese Niveaus liegen weit über den Empfehlungen der ICNIRP (International Commission on Non-Ionizing Radiation Protection) und den im realen Leben auftretenden Expositionsniveaus. Bei hohen Expositionsniveaus können wir thermische Effekte nämlich nicht ausschließen. Diese könnten die Ursache der beobachteten Wirkungen sein. Daher ist bei der Interpretation dieser Ergebnisse, die sich auf experimentelle Tierversuche und auf menschliches Sperma beziehen, die im Labor exponiert werden, Aufmerksamkeit geboten.